Wohnungsbaupolitik geht anders

Forderungen der Baugewerblichen Verbände in Schleswig-Holstein an die Landesregierung

Kiel/Neumünster. Die Baugewerblichen Verbände in Schleswig-Holstein, organisiert unter dem Dach von Die Bauwirtschaft im Norden, haben eine Reihe von Forderungen an die Landesregierung formuliert. Wo das Land selbst nicht handeln kann, drängen sie darauf, den Einfluss auf Bundesebene geltend zu machen. Angesichts der Wohnungsbaukrise sind Investitionsanreize und bessere Rahmenbedingungen dringend erforderlich.

Die Forderungen lauten im Einzelnen wie folgt:

Einfaches Bauen etablieren

Bauen muss von überflüssigen technischen Standards und Regelwerken befreit und auf die Kernanforderungen des Bauordnungsrechts reduziert werden. Wir begrüßen den neu eingeführten Regelstandard Erleichtertes Bauen in Schleswig-Holstein für sozialen Wohnungsbau. Wir bitten die Landesregierung, sich auch auf Bundesebene hierfür stark zu machen sowie Rechtssicherheit zu schaffen, damit das Modell auch im freien Wohnungsbau Anklang findet.

Technische Regeln vereinfachen

Wir fordern Bundes- und Landesregierung auf, durch eine Änderung im Werkvertragsrecht den hohen und teuren Standard der allgemein anerkannten Regeln der Technik so abzuändern, dass diese für den allgemeinen Baumarkt ohne die derzeitigen Haftungsrisiken für Bauunternehmen und für den Bauherrn nachhaltig und kostengünstiger als jetzt umgesetzt werden können. Nur so können diese teilweise teuren und unnötigen Vorschriften des Standards ex ante aus der Vergangenheit zukünftig Kosten (bis 30 %) einsparen und zugleich CO2-Bilanzen von Bauwerken deutlich absenken.

Bestandsschutz achten

Die Regelung zum Bestandsschutz eines Altbaus muss klargestellt werden. Sie stellt sicher, dass bauliche Anlagen, die ursprünglich mit einer gültigen Baugenehmigung errichtet wurden, vor nachträglichen bauaufsichtlichen Maßnahmen geschützt sind, auch wenn sie nicht mehr den aktuellen Vorschriften entsprechen. 90 Prozent aller Bauwerke wurden in den letzten 80 Jahren gebaut – und die Bewohner fühlen sich fast immer wohl darin. Den Bestand ohne Not auf einen Regelstandard von heute zu heben, kann nicht finanziert werden und ist auch ökologisch fragwürdig. Die jüngste Novelle der niedersächsischen Landesbauordnung sollte als Muster schnell auch in unserem Land umgesetzt werden.

Entbürokratisierung vorantreiben

Zu viele und unnötige Dokumentationspflichten, realitätsferne Gesetzesvorgaben und eine überbordende, steigende Regulierungswut machen das Bauen unnötig teuer. Bis zu 25 Prozent Bürokratiekostenanteile an einem Betriebsumsatz sind unvertretbar hoch. Hier können Preise wirksam gesenkt werden. Wir fordern, die Bürokratie endlich abzubauen und den Misstrauensmalus gegenüber unseren Baubetrieben durch überbordende Nachweisbürokratie aufzuheben.

Genehmigungen beschleunigen

Wir fordern die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die wichtigen Vorschläge des 14- Punkte-Programms der Bundesregierung, wie Kosten- und Zeitersparnisse im Genehmigungsrecht und digitale Verfahren, nicht durch weitere Prüfungen oder Absichtserklärungen verzögert, sondern konsequent umgesetzt werden.

Förderprogramme verbessern

Wir fordern die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, die KfW wieder sinnvoll für den Bau aufzuräumen und zielkonform zur Bauförderung, z.B. für Wohnungsbau auszurichten (Nicht nur Klimaschutz, sondern auch das Bauen selbst ist eine öffentliche Aufgabe!). Dazu müssen auch hier teure Bürokratie in den Programmen zurückgeführt und die Förderbedingungen auf ein praxisgerechtes und gleichzeitig ökologisch vernünftiges Maß reduziert werden. Für einen wirklichen Effekt sollte der Energieeffizienzstand EH 40 nicht mehr Ultima Ratio sein. EH 55 als Förderstandard würde mehr Bauwillige und Investoren mit weniger Steuergeld zum Bau von mehr Wohnungen anregen und gleichzeitig den Bauherren bei Finanzierungen mit ihrer Stärkung der Eigenkapitalquote durch KfWMittel helfen.

Technologieoffen fördern

Die Bauwirtschaft im Norden plädiert für Technologieoffenheit bei der Förderung auch von Geothermie oder Hybridheizsystemen im Bestand. Geothermische Anlagen und Großanlagen müssen gleichberechtigten Zugang zu den Förderprogrammen finden.

Investitionen der öffentlichen Hand

Die Realisierung von öffentlichen Infrastruktur- und Baumaßnahmen des Landes und der Kommunen muss gewährleistet, langfristig sichergestellt und verstetigt werden. Die Bauwirtschaft im Norden plädiert zudem bei der öffentlichen Auftragsvergabe für Lose, die auch von unserer mittelständischen Wirtschaft bedient werden können.

Digitalisierung voranbringen

Die Digitalisierungsprozesse in Behörden und Verwaltungen müssen vorangetrieben werden. Hier sind erhebliche Synergieeffekte für Zeit, Verwaltungskosten und letztlich Baukosten zu heben.

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