Tarif Bau - Streik in Kiel

Tarifkonflikt trifft auf schlechte Geschäftslage der Wohnungsbaubetriebe

Kiel. Im Tarifkonflikt des deutschen Baugewerbes stehen die Zeichen auf Streik. In Kiel hat die IG Bau vor dem Haus der Bauwirtschaft in der Hopfenstraße zu einer ersten Streik-Demonstration mit rund 100 Vertretern aufgerufen.

„Der Arbeitskampf ist mit Blick auf die unglückliche Schlichtung unvermeidbar gewesen. Und ich habe Verständnis dafür, dass sich unsere Arbeitnehmer an uns wenden. Der eingeforderte Respekt gebietet aber auch, die eigenen Funktionäre vor überzogenen Forderungen und Erwartungen zu warnen. Für den Verband habe ich ein erstes faires Gespräch mit den Verantwortlichen und den Streikenden geführt“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein. Der Streik sei mit Blick auf das Verfahren unglücklich eingesteuert worden und koste jeden Betrieb und die Arbeitnehmer unnötig viel Geld. Denn die Arbeitgeber sagen entgegen dem öffentlichen Zerrbild durch die IG Bau, dass eine Lohnerhöhung notwendig und sinnvoll sei. Und es sei richtig gewesen, ins Gespräch zu kommen und sich einmal von beiden Seiten auszutauschen.

Tarif Bau - Streik in Kiel

Die IG Bau hatte die Tarifverhandlungen auf Bundesebene abgebrochen. Das Schlichtungsergebnis wurde arbeitgeberseitig nicht angenommen. Die beiden Arbeitgeber-Spitzenverbände, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), hatten daraufhin den Unternehmen freiwillige Entgeltanhebungen empfohlen. Sie schlagen vor, dass die Tariflöhne und Gehälter ab 1. Mai im Westen um 5 Prozent und im Osten um 6 Prozent angehoben werden sollen. Die Gewerkschaft fordert stattdessen eine Erhöhung von 500 Euro pro Monat für die rund 930.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe.

„Die bundesweit als Flächentarifverträge geltenden Verträge müssen alle mitnehmen und dürfen sich nicht an oberen Lohnwünschen orientieren. Die Forderungen sind für die überwiegend kleinen und mittleren Betriebe insbesondere im Hochbau bei uns im Land sehr bedenklich. Und sich Weselsky zum Vorbild zu nehmen, ist mit Blick auf die bis dato funktionierende Tarifverantwortlichkeit unangemessen“, so der Verbandschef. Gerade jetzt sei die Situation, verursacht vor allem durch die schlechte Lage im Wohnungsbau für viele Betriebe schwierig. Es gehöre dann auch zu einer guten Tarifpartnerschaft, das in Ansatz zu bringen und zu berücksichtigen. Denn allzu schnell würden Überforderungen die Tarifpartner durch Abstimmung mit den Füßen durch die Mitglieder schwächen. Deshalb haben wir dem bundesweiten Arbeitgebervorschlag zugestimmt, bereits jetzt und als Basis für kommende Gespräche freiwillig 5 Prozent mehr Lohn und Gehalt zu zahlen, anstatt auf ein noch nicht absehbares Streikende zu warten. Also bereits jetzt spürbar mehr Geld in die Tasche unserer Arbeitnehmer zu zahlen. Alles weitere werden die irgendwann mit den Funktionären der IG Bau startenden neuen Verhandlungen zeigen.

Aus einer aktuellen Betriebserhebung des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe stammen die folgenden Aussagen von im Wohnungsbau (im Neubau und im Bestand/Modernisierung) tätigen Betrieben aus Schleswig-Holstein:

50 Prozent der teilnehmenden Bauunternehmer beurteilen ihre Geschäftslage als schlecht, 36,1 Prozent als befriedigend und nur 13,9 Prozent als gut; die Erwartungen zur Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten sind überwiegend pessimistisch: schlechter (47 %), gleich (41,7 %), besser (11,1 %). Die Auftragsbestände beurteilen 52,8 Prozent der Betriebe als zu klein, 30,6 Prozent als ausreichend und 16,7 Prozent als gut; die Reichweite der Aufträge reicht bei 65,7 Prozent der Betriebe bis zu drei Monaten (bis 6 Wochen 31,4 %, bis 2 Monate 20 %, bis 3 Monate 14,3 %).

Die Betriebe schätzen auch die Umsatzentwicklung 2024 gegenüber 2023 negativ ein (deutlich geringer 41,7%, geringer 25,0%, gleichbleibend 22,2%, etwas höher 11,1%). Mehr als ein Viertel der befragten Betriebe wird sogar die Zahl der Beschäftigten und knapp ein Viertel die der Lehrlinge verringern, auch werden 50 Prozent der Betriebe Investitionen senken.

„Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass durch die Unterlassungen und die von der AmpelRegierung verstärkten Unsicherheiten gerade die Bauwirtschaft leidet. In deren Folge brechen Baugenehmigungsverfahren ein, deren Auswirkungen wir erst viel später sehen werden, weil dann die degressive Entwicklung fatalerweise auf niedrigem Niveau verstetigt ist“, so Schareck.