Studien zum 15. Wohnungsbautag

Die Kampagne für den Wohnungsbau hat zwei Studien zum Wohnungsbautag 2024 veröffentlicht. Die Studie des DIW thematisiert die Multiplikatorwirkungen des Wohnungsbaus auf die Bruttowertschöpfung, die Beschäftigung und die Steuern in Deutschland. In der Studie der ARGE Kiel wird das Kostensenkungspotential im Wohnungsbau analysiert. 

Nachfolgend finden Sie eine Pressemitteilung vom ZDB zum Thema und die erwähnten Studien zum Download:

Sehr geehrte Damen und Herren,

(GY/gk) am 11. April fand der 15. Wohnungsbautag der Kampagne für den Wohnungsbau, dessen Mitglied der ZDB ist, statt. Anliegen der seit 2009jährlich stattfindenden Veranstaltung der Kampagne ist es, die Rahmenbedingungen für den insbesondere preiswerten Wohnungsbau zu verbessern. Die Kampagne hat in diesem Jahr zwei Studien vorgelegt und diese mit Forderungen an die Politik verbunden. Die Schlussfolgerungen der Verbände wurden mit der Bauministerin, Klara Geywitz, und dem Wirtschaftsminister, Robert Habeck, und mit Politikern diskutiert.

Studie des DIW

Wegen des massiven Einbruchs der Nachfrage im Wohnungsbau hat die Verbände-Kampagne in diesem Jahr beim DIW (DIW ECON) eine Studie explizit zur wirtschaftlichen Bedeutung des Wohnungsbaus (nicht der Bauwirtschaft insgesamt) in Auftrag gegeben: "Die Wirtschaftskraft hinter dem Wohnungsbau". Ziel ist es, zu verdeutlichen, was ein unzureichender Wohnungsbau im Hinblick auf:

  • das Wirtschaftswachstum in Deutschland
  • die ökologischen Ziele Deutschlands
  • und den sozialen Frieden in Deutschland

bedeutet.

Das DIW hat dazu das Potential des Wohnungsbaus für das Wirtschaftswachstum anhand der Bruttowertschöpfung, der Beschäftigungseffekte und der Steuereffekte analysiert. Dabei werden auch die Multiplikatoreffekte von Förderprogrammen aufgegriffen. Auch wird der Wohnungsbau als ein wichtiger Enabler für die Wirtschaft als "Möglichmacher von Beschäftigung" dargestellt; ohne Wohnraum keine Fachkräftezuwanderung.

Zur Wohnungsbaubranche werden dabei die Wirtschaftsbereiche gerechnet die einen direkten Wertschöpfungsbeitrag zum Wohnungsbau leisten. Dazu gehören

  • das Baugewerbe; Anteil ca. 70%
  • die Erbringung von Dienstleistungen (z.B. Architektur- und Ingenieurbüros, Makler, Grundstücks- und Wohnungswesen) Anteil ca. 20%
  • sonstige Bereiche; Anteil ca. 10%

Aufbauend auf der Bauvolumensrechnung des DIW sowie einer umfassenden Input-Output-Analyse zeigt sich, dass die Wohnungsbaubranche in Deutschland über direkte, indirekte und induzierte Effekte eine Bruttowertschöpfung in Höhe von insgesamt 536,8 Mrd. Euro im Jahr 2023 auslöst. Damit steht jeder siebte Euro der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung in Beziehung zur Wohnungsbaubranche. Direkt von der Wohnungsbaubranche wurden davon 198,3 Mrd. Euro erwirtschaftet. Neben den direkten Effekten fielen indirekte Effekte durch die Nachfrage bei Vorleistungen (Bezug Baustoffe, Dienstleistungen anderer Branchen) in Höhe von 166,4 Mrd. Euro an. Schließlich werden durch die Verausgabung von Lohn- und Kapitaleinkommen in der Baubranche und den Vorleistungsbereichen noch Effekte in Höhe von 172 Mrd. Euro induziert.

Zudem entstehen Beschäftigungseffekte in Höhe von knapp 6,6 Mio. Erwerbstätigen. Das bedeutet, dass rund jeder siebte Arbeitsplatz mit der Wohnungsbaubranche in Verbindung steht. Von diesen wurden 2,3 Mio. Personen direkt im Wohnungsbau beschäftigt. Weitere 2,2 Mio. Personen waren entlang der Wertschöpfungskette tätig und stehen damit indirekt mit den Wohnungsbauaktivitäten in Verbindung. Hinzu kommen 2,1 Mio. Personen, deren Arbeitsplatz durch die Wiederverausgabung generierten Einkommens geschaffen wird.

Darüber hinaus sind mit den Aktivitäten die Wohnungsbaubranche Steuereffekte in Höhe von 140,8 Mrd. Euro verbunden. Das sind rund 17 % der gesamten deutschen Steuereinnahmen desselben Jahres.

Schließlich wird in der Studie auch auf die Wertschöpfungs-, Beschäftigungs-, und Steuereffekte von Förderprogrammen verwiesen. Ausgegangen wird dabei von einem Fördervolumen in dem Programm „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) von 2 Mrd. Euro mit dem nach Angaben des Bauministeriums der Bau von 46.000 Wohnungen angestoßen wurde. „Mit dem Wissen, dass für den Bau eines Quadratmeters mit Energieeffizienzstufe 40 im Mittel Kosten von 4.500 Euro/m2 anfallen und die durchschnittliche Größe der Baugenehmigungen für Neubauten sowie Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden im Jahr 2022 rund 98 m2 betrug, kann angenommen werden, dass mit dem KFN-Programm geförderten Wohnungsbau eine Bruttoproduktion in Höhe von rund 20 Mrd. Euro einhergeht. Nach den Ergebnissen der Input-Output-Analyse entstehen bei einer Bruttoproduktion in dieser Höhe Gesamtsteuereffekte (direkt, indirekt und induziert) in Höhe von 6,5 Mrd. Euro. Durch das Förderprogramm werden zudem Bruttowertschöpfungseffekte in Höhe von insgesamt 24,9 Mrd. sowie Beschäftigungseffekte von 305.260 Stellen generiert.

Im Abschnitt zur ökologischen Bedeutung des Wohnungsbaus wird der Fokus auf die Bedeutung der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes zur Erreichung des Ziels der Netto-Treibhausgasneutralität gelegt.

Die soziale Komponente des Wohnungsbaus wird vor dem Hintergrund der hohen Wohnkostenbelastung illustriert. Dabei wird auch die Rolle von Immobilien beim Vermögensaufbau verdeutlicht.

Studie der Arge Kiel

Prof. Walberg, von der ARGE Kiel, begleitet das Bündnis mit seinen Analysen zu den Kostentreibern des Wohnungsbaus seit Jahren. Permanenter Schwerpunkt sind dabei die Kostenentwicklungen im Wohnungsbau seit 2010 in den Kostengruppen 100 bis 800.  Auch in diesem Jahr ist dies ein Schwerpunkt der Analysen der ARGE Kiel.

Das Petitum geht nach den Analysen dahin, sofort alle Möglichkeiten zur Senkung der Herstellungskosten zu nutzen, um bezahlbaren Wohnraum herzustellen. Dabei kommt dem "E-Gebäude" – die ARGE Kiel spricht vom "Regelstandard-E"- ein wichtiger Lösungsansatz zu. Demnach geht mit einer ausschließlichen Berücksichtigung der technischen und ordnungsrechtlichen Mindeststandards eine Kosteneinsparung von ca. 25% einher. Die ARGE Kiel illustriert hierzu auch mehrere gebaute Beispiele.

Bewertung

Die Studie des DIW macht deutlich, welche Impulse dem Wohnungsbau für den sozialen Frieden in Deutschland, die Fachkräftegewinnung und das Wirtschaftswachstum in Deutschland zukommen. Umgekehrt treten bei einem rückläufigen Wohnungsbau entsprechende Verluste ein.

„Umso besorgniserregender sind die aktuellen Entwicklungen des Wohnungsbauvolumens, welches seit 2021 real kontinuierlich geschrumpft ist. Dabei ist der Rückgang besonders von einer rapiden Reduktion des Neubauvolumens getrieben. Für 2024 sinkt das Neubauvolumen voraussichtlich nominal um knapp 8,4 % gegenüber 2023. Die dadurch verursachten Steuermindereinnahmen werden vom DIW mit ca. 5 Mrd. Euro beziffert.

Die Studie der ARGE Kiel macht die Notwendigkeit eines Stopps weiterer Verschärfungen im Ordnungsrecht deutlich: „Ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen müssen dringend überprüft werden. Dazu gehört das Energieeinsparungsgesetz, dass bereits 2016 ein ökonomisches sinnvolles Maß überschritten hatte. Der Hebel des Klimaschutzes liegt in der Dekarbonisierung der Energieträger, nicht in der Nachkommastelle der eingesparten Kilowattstunde. …Die in den letzten zwei Jahrzehnten kumulativ erfolgte Anforderungssteigerung an Wohnraum in Deutschland muss gestoppt und in Teilen auch zurückgefahren werden. Viele Lösungen, insbesondere vermeintliche Effizienzanforderungen oder die dogmatische Überoptimierung von Konstruktionen, Technik und auch Wärmedämmung über ein sinnvolles Maß hinaus - entspringt linearen Denkmustern aus einer fossil geprägten Zeit, die als überwunden gelten muss.“

Die in der Kampagne zusammengeschlossenen Verbände haben anhand der zwei vorgelegten Studien, zwei zentrale politische Forderungen adressiert:

  • Es braucht eine zumindest temporäre deutliche Entlastung bei der Finanzierung beim Neubau. Die Zinslast in den Förderprogrammen darf bei maximal 1% liegen. Förderpolitik muss verlässlich ausfinanziert sein.
  • Das Bündnis unterstützt die Forderung der Bauministerkonferenz an das BMJ, zivilrechtliche Regelungen zur rechtssicheren Anwendung eines „Gebäudetyps E“ zeitnah zu erarbeiten und umzusetzen.

Die Bauministerin hat beim Wohnungsbautag klargemacht, dass sie keine weitere Förderaufstockung befürwortet. Man müsse vielmehr wieder dahin kommen, Projekte frei zu finanzieren. „Mit einer Dauersubvention wird es nicht gehen.“ Die Ministerin sah im Übrigen Anzeichen einer Verbesserung der Marktlage. Bodenpreise und Materialkosten würden wieder sinken, Maßnahmen die man ergriffen habe, wie die Erhöhung der Fördermittel im sozialen Wohnungsbau und die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten, würden anfangen zu wirken. Vertreter der Kampagne zeichneten ein gegensätzliches Bild. Sie verwiesen auf den Einbruch der Nachfrage, der zu vermehrter Kurzarbeit führe. 

Der Wirtschaftsminister argumentierte mit der Zwangslage, die sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ergeben habe. Die von der EZB ergriffenen Maßnahmen hätten zwangsläufig der zinsreagiblen Bau- und Wohnungswirtschaft geschadet. Er sieht aber die straffe Zinspolitik der EZB an ein Ende kommen, man müsse nur noch ein wenig durchhalten. Die Branchenvertreter teilten den Optimismus nicht und verwiesen zum einen auf die schon bestehenden betriebswirtschaftlichen Herausforderungen und die lange Zeitdauer zwischen Zinssenkung und dem Wiederanspringen der Bautätigkeit. Für 2024/2025 sehen die Verbandsvertreter hier keine „automatische“ Wiederbelebung. Um die Fachkräfte in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu halten, müssten dringend die Forderungen der Verbände umgesetzt werden.

Wir bitten um Beachtung.

Mit freundlichen Grüßen

Zentralverband Deutsches Baugewerbe

Pakleppa/ Geyer

Download Endbericht Wohnungsbau 2024 in Deutschland: Kosten - Bedarf - Standards

Download "Die Wirtschaftskraft hinter dem Wohnungsbau - Eine Studie zum 15. Wohnungsbautag"