Frühjahrsumfrage bestätigt Auftragsflaute im Wohnungsbau
Bekanntermaßen steht die Bauwirtschaft vor verschiedenen Herausforderungen, die zu drastischen Auftragseinbußen führen, insbesondere im Wohnungsbau und öffentlichen Hochbau. Das bestätigt die Konjunkturumfrage zum Frühjahr unter den baugewerblichen Unternehmen verschiedener Betriebsgrößen.
Bauwirtschaft mahnt Förderungen und marktgerechte Perspektiven an
In Schleswig-Holstein bewerten erstmals nach der konjunkturellen Hochphase Zweidrittel der befragten Bauunternehmer die gegenwärtige Lage als schlecht (30,04%) bis lediglich befriedigend (44,39%). Ein Drittel von ihnen geht von einer weiteren Verschlechterung in den kommenden sechs Monaten aus (30,14%), beinahe Zweidrittel von gleichbleibender Lage (61,19%) und nur einige von einer Verbesserung (8,68 %).
Als Baubehinderungsgründe stehen in diesem Jahr Verzögerungen bei Genehmigungsverfahren ganz oben (34,6%), gefolgt von fehlenden Aufträgen (29,6%), erst an dritter Stelle folgen jetzt Lieferschwierigkeiten (28,4%). Bedeutendster Baubehinderungsgrund bleibt allerdings der Fachkräftemangel. Daher wollen die Betriebe auch in diesem Jahr die Zahl ihrer Beschäftigten halten (70,4%) oder erhöhen (18,5%). Auch der Lehrlingsbestand soll überwiegend gehalten (67,5%) oder erhöht werden (18,2%).
Der Wohnungsbau bereitet Sorgen
Insbesondere der öffentliche Hochbau und der Einbruch im Wohnungsbau um mehr als 40 Prozent bereiten Sorgen. In diesem Frühjahr fallen die Auftragsbestände deutlich geringer aus, weil sie seit Monaten schon abgebaut werden. Im Wohnungsbau sehen gut ein Drittel der Befragten (33,8%) die Auftragsbestände als zu gering an, nahezu Zweidrittel beurteilen die Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr als geringer (33,8%) und deutlich geringer (19,1%). Im öffentlichen Hochbau betrachtet die Hälfte der Betriebe (50%) die Auftragsbestände als zu gering und die Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr als geringer (26,3%) und deutlich geringer (21,1%).
Kritik an Förderpolitik
Die Unternehmen haben sich sehr kritisch zur Förderpolitik des Bundes beim Wohnungsbau geäußert. Sie plädieren für einfache Regelungen und für auskömmliche und nachhaltige Förderbedingungen. „Die Politik hat überstürzt und ohne Rücksicht auf die Reaktionen in den Wohnungsmärkten gehandelt und bis dato wenige und teilweise falsche Anreize geschaffen. Wir vermissen eine marktgerechte Förderstrategie“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer von Die Bauwirtschaft im Norden. Marktindikatoren wie Zinsentwicklung und retardierende Baustoffmengen treiben die Preise von sich aus. „Da ist es wenig hilfreich, erst Ge- und Verbote sowie eine Umstrukturierung der Förderbedingungen vorzunehmen und dann die daraus erfolgten Einbrüche mit unzureichenden Förderansätzen korrigieren zu wollen. Hier wird mit Tunnelblick agiert“, so Schareck. Die mangelnde Kohärenz in der Bundespolitik und die fehlende Strategie führen zu erheblicher Unsicherheit und erschweren die Planung.
Bauwillige und Investoren sind verunsichert
Im Neubaubereich werden Bauwillige und Investoren auch dadurch verunsichert, dass die Bundesregierung unterschiedliche Signale aussendet. Während im Bundeswirtschaftsministerium der Neubau für überflüssig erachtet wird, wollen Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz nach wie vor 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. „Ob dieser Mängel hin zu einer fehlenden Definition von Nachhaltigkeit zeigt sich zunehmend, dass die Absicht der Bundesregierung sowie der Landesregierung Schleswig-Holstein, ausschließlich auf nachhaltige Projekte abzuzielen, wenig praxistauglich ist“, erklärt der Verbandschef.
Landesregierung in Zugzwang
Die schleswig-holsteinische Landesregierung gerät ebenfalls in Zugzwang. Im Koalitionsvertrag von 2022 war die Einführung einer Eigenheimzulage für den Ersterwerb einer selbstgenutzten Wohnimmobilie vereinbart worden. Für dieses Förderprogramm sollten jährlich etwa 50 Millionen Euro zu Verfügung stehen. Das ist in der bisherigen Legislatur noch nicht erfolgt, aufgrund der hohen Kostenbelastungen für den Landeshaushalt einhergehend mit dem Ukraine-Krieg, wie es aus dem Innenministerium heißt. Das Ministerium setze sich jedoch in den aktuellen Haushaltsverhandlungen erneut für die Finanzierung des Programms ein, heißt es weiter. „Das wird allerdings wenig Aussicht auf Erfolg haben, da das Finanzministerium eine Haushaltssperre verhängt hat“, bewertet Schareck.
Der Sozialwohnungsbau stagniert
Auch der Sozialwohnungsbau stagniert. „Die politischen Verantwortlichen in Berlin scheinen zu vergessen, dass Investoren eine bedeutende Rolle spielen, indem sie Bauvorhaben nur finanzieren und ermöglichen, wenn sich die Rendite lohnt. Das gilt auch für den Staat, der in diesem bundesweiten Milliardensektor erhebliche Einnahmen durch Steuern und Sozialkosten verzeichnet“, sagt Schareck. Auch in SchleswigHolstein wirke sich neben den gestiegenen Baukosten das Fehlen von Bundesmitteln negativ aus. Das von der Landesregierung eingesetzte und sogar erheblich aufgestockte Sondervermögen ist richtig, wird die gesetzten Ziele jedoch nicht erreichen.
Liegenschaften werden nicht energetisch ertüchtigt
Im öffentlichen Bau in Schleswig-Holstein werden ebenfalls drastische Auftragseinbrüche verzeichnet. Obwohl im Koalitionsvertrag festgelegt worden war, dass Liegenschaften energetisch ertüchtigt werden sollen, bleiben diesbezügliche Aufträge noch aus. Diese Situation verdeutlicht, dass keine ganzheitliche und koordinierte Strategie verfolgt wird. Auch hier ist zu attestieren, dass die öffentliche Hand einerseits ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht wird und andererseits nicht dem Ziel, hiermit die Baukonjunktur zu stützen.
Die Bauwirtschaft fordert
Das von Bundesbauministerin Geywitz immer wieder als Allheilmittel zitierte modulare Bauen wird der Problematik ebenfalls nicht gerecht. Die Uneinheitlichkeit bei einer Vielzahl von Regelungen und Zuständigkeiten von baurelevanten Aspekten widersteht der kostengünstigen Einheitlichkeit eines modularen Bauens und führt dadurch zwangsweise in den Kommunen zu teureren Einzelmaßnahmen.
Die Bauwirtschaft fordert deshalb, das enge Korsett der hohen Anforderungen vor allem der technischen Normen und der allgemein anerkannten Regeln der Technik aufzubrechen, wo es baulich sinnvoll und technisch machbar ist. Und zusätzlich fordert sie die zumindest temporäre Aussetzung der Förderbedingungen für den teuren EH-40-Standard. Die Komplexität der Konstruktionen und Gebäudetechnik ist in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass die heutigen Gebäude bautechnisch überfrachtet sind. Weniger ist mehr und eine Reduktion auf das Wesentliche nachhaltig möglich. Das muss rechtlich verankert werden, indem das Werkvertragsrecht und die Landesbauordnung hierzu geöffnet und außerdem flächendeckend angewendet werden.