Dummy statt echter Bürokratieentlastung – und glatt den Bau vergessen
Großer Wurf beim Bürokratieentlastungsgesetz: sensationelle „6,65 Euro“ Einsparungen pro Unternehmen
Kiel. Seit langem pochen die Baugewerblichen Verbände für ihre Bauunternehmen darauf, diese von bürokratischen Lasten zu befreien, auch um das Bauen kostengünstiger zu machen. Nun hat das Bundesjustizministerium einen Referentenentwurf zur Bürokratieentlastungsverordnung vorgelegt. Dies geschieht wohl in Erfüllung hehrer Ziele im Koalitionsvertrag. Interessierte Kreise können bis zum 21. Juni 2024 Stellung nehmen.
„Wir nehmen diese Gelegenheit schon einmal vorab wahr und äußern unsere Kritik öffentlich: Das ist ein Schrittchen und gemessen am Ziel ein Dummy!“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer von Die Bauwirtschaft im Norden. Der Verbandschef bezeichnet den Entwurf als Tiger, der als Bettvorleger endet und der Öffentlichkeit dahingehend Erfüllungserfolg vorgaukelt, dass die Bundesregierung sich des Bürokratieproblems endlich mit der gebotenen Sorgfalt annähme.
Allerdings geht es bei dem Entwurf lediglich um die Ermächtigung zu Einsparungen, im Wesentlichen Kleinkram – und der Baubereich ist nicht berücksichtigt worden. Dabei könnten hier immense Kosten eingespart werden, damit endlich Wohnraum geschaffen und Straßen befahrbar gemacht werden.
Der Verband hat bereits mehrfach Beispiele aus der Betriebspraxis vorgelegt und erneuert seine Forderungen:
- Ein Betrieb mittler Größenordnung muss 1,5 Personalstellen/Fremdkosten für Verwaltungsarbeiten für Dokumentationen und Nachweise bereitstellen.
- Je nach Gewerk und Schwerpunkt macht der bürokratische Aufwand bis zu 25 Prozent des Jahresumsatzes aus.
- Das Musterbeispiel einer größeren Wohneinheit mit sechs Wohnungen zeigt die Kosten der gestiegenen Klimaanforderungen an Wohngebäude: Die Dokumentation für ein KfW-Effizienzhaus 50 betrug 80 Seiten und kostete 3.000 Euro, die für das neue KfW-Effizienzhaus 40 umfasst 360 Seiten und kostet 40.000 Euro.
„Wir fordern, Bürokratie und überflüssiges Regelwerk beim Bauen gezielt abzubauen und das Bauen wieder auf die Kernanforderungen des Baurechts zu reduzieren. Damit sparen wir Baumaterial bis zu 30 Prozent und vom Jahresumsatz der Bauunternehmen bis zu 25 Prozent“, sagt Schareck. Ein Schelm, der jetzt annimmt, in den Bundesministerien könnten die dadurch erzielten Kosteneinsparungen pro Wohneinheit berechnet werden.
„Schlimm wäre es, wenn die in Berlin zwar rechnen können, aber wider besseres Wissen das Gegenteil tun“, sagt Schareck. Durch die im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderungen sollen für die gesamte Wirtschaft in Deutschland jährlich sensationelle 22,6 Millionen Euro eingespart werden, den vermuteten Erfüllungsaufwand von 11,6 Millionen Euro nicht abgerechnet, sind das bei 3,4 Millionen Unternehmen Einsparungen von umgerechnet unglaublichen 6,65 Euro pro Unternehmen (abzüglich Erfüllungsaufwand 3,24 Euro; Musterdurchschnittsrechnung).
Auch daran sehe man, dass es um einen „halsbrecherischen, schneckenschnellen bürokratieabbauverzögernden gesetzgeberischen Kraftakt“ gehe – ausgenommen die wichtigen redaktionellen Änderungen in der Aromendurchführungsverordnung, auf die die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft bereits seit langem warteten.
Scharecks Einschätzung: „Bürokratieabbau ohne spürbare Auswirkung. Die Bauwirtschaft ist von keinem der 25 Artikel betroffen. Die Makler- und Bauträgerverordnung kommt unserem Bereich immerhin etwas nahe. Dort entfällt eine Anzeigepflicht.“ Es gibt also noch viel zu tun in Berlin und es gilt Max Weber zu widerlegen, indem die „Unentrinnbarkeit der Bürokratie“ aufgelöst wird.